Co-Pädagoge auf vier Pforten
Bericht von Florian Muhl, erschienen am 22.02.2019 in der BKZ.
Ob Hund, Katze, Maus, Bienen, Fische oder Hühner – Tiere in der Schule sind nicht selten. Warum? Sie bringen viele Vorteile mit sich. Mit ihnen gelingt es, dass die Klasse ruhiger wird und die Aufmerksamkeit der Schüler steigt. Zudem lernen Mädchen und Jungen, Verantwortung zu übernehmen und üben den Umgang mit den tierischen Begleitern.
Es ist fast Totenstille in der Klasse 5d im Tausgymnasium. Die Schüler arbeiten konzentriert. Sie haben sich inzwischen daran gewöhnt, dass Nika ab und zu durch die Reihen schleicht und hier mal schnuppert und dort mal kurz ihren Kopf auf dem Oberschenkel eines Schülers ablegt oder sich einfach irgendwo hinlegt und schläft. Die weiße Schäferhündin, „umgerechnet im späten Teenie-Alter“, wie Klassenlehrerin Pia Mindermann sagt, ist im wahren Leben ein knappes Jahr alt und geht selbst noch zur Schule, zur Hundeschule in Waiblingen-Bittenfeld. Mindermann arbeitet mit Nika ausschließlich über positive Bestätigung. „Ich versuche, gutes Verhalten einzufangen und das dann zu bestätigen mit diversen Belohnungen.“
Mindermann hatte bei der Auswahl von Nika, ihres zweiten Hundes, bereits im Hinterkopf, sie zum Schulhund ausbilden zu lassen. „Ich wollte eine Hündin, die relativ ruhig ist, aber trotzdem selbstbewusst – einen ängstlichen Hund kann man nicht mit in die Schule nehmen.“ Die Schulleitung war vom Projekt angetan und gab grünes Licht. Zuvor waren aber ein paar Dinge zu klären: Die Kollegen mussten zustimmen und beim Elternabend im Oktober sprach die Lehrerin über Ängste und Bedenken. „Einige Kinder hatten Angst vor Hunden oder glaubten, Angst zu haben“, erinnert sich Mindermann. Zudem musste die Frage der Allergien geklärt werden. Das Ergebnis: Einfach mal probieren. Wenn’s nicht funktioniert, das Projekt abbrechen.
„In der Praxis sieht es so aus, dass Nika einfach nur da ist und das Klassenklima positiv beeinflusst“, erklärt Mindermann. Die Co-Pädagogin auf vier Pfoten spielt also nicht die Hauptrolle, denn, so die Lehrerin: „Wir müssen ja auch Unterricht machen.“ Die Erfahrung zeige, dass die Klasse viel ruhiger ist, sobald der Hund da sei, und dass auch die Lern- und Arbeitsbereitschaft steige. Zudem würden die Kinder besser miteinander kommunizieren, weil sie über den Hund reden und dann miteinander sprechen. Auch ihre Körpersprache würden die Schüler besser und bewusster einsetzen. „Die Schüler haben auch ihre Selbstkontrolle steigern können.“
Auch Nika musste am Anfang lernen, dass für sie die Situation entspannt ist. Sie hat eine große Hundebox im Klassenzimmer stehen, wohin sie sich jederzeit zurückziehen kann. „Die Schüler wissen: Dort darf sie absolut nicht gestört werden, das ist ihre Zone“, sagt die Klassenlehrerin. Zu Beginn des Projekts nach den Herbstferien war Nika nur einmal in der Woche ein paar Minuten in der Klasse – zum gegenseitigen Kennenlernen. Die ersten zwei Stunden an der Leine, mittlerweile darf sie sich im Raum frei bewegen, ist ein- oder zweimal pro Woche für jeweils eine Stunde in der Klasse. Den Rest des Tages beziehungsweise Vormittags hat die Schäferhündin auch im Büro der stellvertretenden Schulleiterin Jutta Ernst einen Platz. „Man kann den Hund nicht sechs Stunden in der Klasse haben, das ist viel zu anstrengend für das Tier“, sagt Mindermann. Nach dem Unterricht geht sie mit Nika ins Freie, wo sie rennen und spielen und sich austoben kann.